Die „Zeitenwende“ muss weitergehen. Das Technologieunternehmen ist in vielen militärischen Plattformen mit Energieversorgung präsent.

Dr. Stefan Stenzel, Geschäftsführer des Technologieunternehmens VINCORION in Wedel, wirft einen optimistischen Ausblick auf das Jahr 2024. „Wir haben eine Reihe spannender Projekte in der Pipeline und bereits Lieferungen für große Rüstungsprojekte der Bundeswehr getätigt. Der Umsatz und der Ertrag unseres Unternehmens steigen“, erklärt Stenzel. Er rechnet für 2024 mit einem Umsatzwachstum. „Allerdings ist eine ernsthafte Umsetzung der Beschaffungsvorhaben durch die Bundesregierung eine Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum.“

VINCORION ist spezialisiert auf die Bereitstellung militärischer Energieversorgung und agiert seit Mitte 2022 eigenständig. Das Unternehmen bietet eine Reihe moderner Generatoren für den mobilen Einsatz in Streitkräften an. Zudem liefert VINCORION auch für die Flugabwehrsysteme „Patriot“ und „IRIS-T“. Wichtige Komponenten für die Energieversorgung und Waffenstabilisierung in Panzerfahrzeugen wie dem „Leopard 2“, dem „Puma“ und dem „Boxer“ werden ebenfalls von dem mittelständischen Unternehmen, das Standorte in Wedel, Altenstadt und Essen hat, hergestellt.

Luftverteidigung im „European Sky Shield“

Ein aktuell wichtiges Projekt im Verteidigungsbereich in Europa ist für Stefan Stenzel der Aufbau des „European Sky Shield“: „Der Schutz vor Luftangriffen, sei es durch Kampfflugzeuge, Langstreckenraketen und ballistische Raketen, oder Marschflugkörper, Artillerie und Drohnen, ist von herausragender Bedeutung“, sagt der Geschäftsführer.

„Mit der europäischen Sky Shield-Initiative wird ein integriertes, mehrschichtiges bodengestütztes Luftverteidigungssystem für möglichst viele europäische Länder entwickelt. Aus deutscher Sicht soll es auf drei Plattformen basieren: Auf IRIS-T, dem „Patriot“-System und Arrow 3. Hier spielt VINCORION eine wichtige Rolle, indem es sowohl IRIS-T als auch Patriot mit taktischer elektrischer Energie versorgt und es diesen Systemen ermöglicht, völlig unabhängig von öffentlicher Infrastruktur im Feld zu operieren.“

Stenzel streicht heraus, dass die neuen Lösungen zur Energieversorgung von VINCORION dem Leitbild des „Green Defense“ folgen: Neben den Vorteilen in Bezug auf die CO2-Emissionen sorgen „grüne militärische Lösungen“ für eine Verringerung des Logistikbedarfs, wodurch wiederum Emissionen eingespart, Kapazitäten weniger gebunden sind und die Sicherheit der Soldaten wächst. „Ein weiterer Vorteil „grüner militärischer Lösungen“ liegt in der erhöhten Flexibilität und Effizienz der Einsätze.  Dies wird durch geringere Lärm- und Wärmeemissionen, längere Betriebszyklen oder einen geringeren Bedarf an Wartung und Reparatur erreicht.“

Die Zeitenwende muss weitergehen

Stefan Stenzel mahnt an, dass die Politik den eingeschlagenen Kurs bei der „Zeitenwende“ und der Ausrüstung der Streitkräfte in Deutschland auch hält. „Die Politik stellt weiterhin nicht alle Signale auf Grün. Die Defense-Industrie in Deutschland bewegt sich immer noch in Unsicherheiten: Auf große Ankündigungen folgen Streichungen. Bei dieser nebulösen Situation hat die Industrie immer noch keine Planungssicherheit. Für 2024 wünschen wir uns mehr Stringenz und Klarheit von der Politik.“

Doch es gebe auch positive Signale: „Die Nachfrage nach Panzern ist trotz neuer Technologien ungebrochen hoch“, stellt Stenzel fest. „Das zweite Los Puma wurde inzwischen final beauftragt, auch andere Länder bestellen den Leopard 2 und den Puma.“ Wichtig sei auch die Fortsetzung der Entbürokratisierung bei der Beschaffung, auch wenn beim Bundesamt für Beschaffungswesen schon große Fortschritte erzielt wurden.

Für einen wichtigen Trend im Defense-Bereich hält der VINCORION-Geschäftsführer die Harmonisierung der Produkte: „Das betrifft die Beschaffung, aber hat auch Vorteile bei der Ausbildung und der Instandhaltung.“ Wenn Komponenten einer Plattform auch in anderen verwendet werden, könne man so Kosten senken durch die Erzielung von Skaleneffekten, aber auch schneller und besser beschaffen.

Attraktive Arbeitsplätze für Fachkräfte

VINCORION plant auch im neuen Jahr weitere Einstellungen und bietet attraktive Arbeitsplätze. Besonders an den Standorten in Wedel und Altenstadt werden neue Mitarbeiter gesucht. Im Jahr 2023 konnten 89 Beschäftigte neu eingestellt werden.

„Der Fachkräftemangel trifft viele Industriebetriebe. VINCORION ist da keine Ausnahme, dennoch schaffen wir es, mit hervorragenden Sozialleistungen und außergewöhnlichen Produkten talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu werben und Nachwuchs einzustellen“, hält Personalleiterin Nina Römhild dazu fest. Das Unternehmen hat rund 800 Beschäftigte, 480 davon am Standort Wedel.

VINCORION bildet derzeit 38 junge Menschen aus, in einer Bandbreite von Berufen, die vom Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik bis zum dualen Studium Wirtschaftsingenieur reicht. Die niedrige Fluktuationsquote unter den Beschäftigten ist im Laufe des Jahres weiter gesunken und liegt nur noch bei etwa drei Prozent.

 

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Florian Hanauer
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Über VINCORION

VINCORION ist ein Technologieunternehmen mit Fokus auf innovativen Energiesystemen in sicherheitskritischen Anwendungsbereichen, darunter Generatoren, elektrische Motoren und Antriebe, Aggregate, Leistungselektronik und hybride Energiesysteme. Als Partner der Industrien Luftfahrt, Sicherheit und Verteidigung sowie Bahn entwickelt und fertigt VINCORION aus einem intensiven Dialog heraus maßgeschneiderte Lösungen für die spezifischen Anforderungen seiner Kunden. Ein leistungsfähiger Kundendienst bietet Betreuung und Service für die Nutzung eigener und dritter Produkte während des gesamten Produktlebenszyklus. Mit rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Standorten in Deutschland und den USA erwirtschaftete VINCORION 2022 rund 122,8 Mio. Euro Umsatz.

Weitere Informationen und aktuelle News finden Sie unter www.vincorion.com sowie auf X und LinkedIn.

Wedel. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen hat sich am heutigen Freitag (14. April) bei dem Technologieunternehmen VINCORION in Wedel über die Lage im industriellen Mittelstand in Schleswig-Holstein informiert. Der Minister betonte, dass die Streitkräfte in Deutschland zügig ausgerüstet werden müssten und es bei der Beschaffung keine weiteren Verzögerungen geben dürfe.

Im Gespräch mit Madsen erläuterte Stefan Stenzel, Geschäftsführer von VINCORION, den Wunsch der Industrie nach Planbarkeit und Verlässlichkeit von Seiten der Politik. Außerdem zeigte er die Entwicklungen der Branche, etwa anhand des Themas „Green Defense“ und Möglichkeiten, CO₂ einzusparen.

Beschaffung darf sich nicht in die Länge ziehen

„Die Wehrtechnik-Branche hat eine große wirtschaftliche Bedeutung in Schleswig-Holstein“, hielt Madsen fest. Rund 30 Unternehmen in dieser Branche gebe es im Norden mit rund 7000 Beschäftigten, indirekt seien es sogar 20.000 Arbeitsplätze. Zu der Branche zähle auch ein bedeutender industriellen Mittelstand – wie zum Beispiel „Vincorion“.

„Die Landesregierung möchte, dass ein guter Teil des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr im Norden investiert wird“, betonte Madsen. „Neues Material für die Streitkräfte muss zügig beschafft werden, das ist sicherheitspolitisch- und wirtschaftspolitisch geboten.“ Verständnis zeigte der Minister dafür, dass es für die Industrie schwierig sei, wenn sich Beschaffungsprozesse lange hinzögen. Die Industrie benötige verbindliche Zusagen, um planen zu können, wie Stenzel erklärte. Werde Gerät zum Beispiel an die Ukraine abgegeben, brauche es bis zu 24 Monate, um ersetzt zu werden. Denn auch Material sei teilweise schwer zu bekommen.

Keine Stigmatisierung bei der Finanzierung

Nicht zeitgemäß sei es, dass Rüstungsbetriebe in Zeiten militärischer Bedrohung Schwierigkeiten hätten, an Kreditfinanzierungen zu gelangen. Madsen: „Es darf hier keine Stigmatisierung geben. Das würde die Bedeutung der Verteidigungsindustrie im Norden verkennen. Es würde aber auch den außen- und sicherheitspolitischen Interessen widersprechen.“

Auslöser sind die ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) und die EU-Taxonomie, die neue Regeln für Finanzierungen von Seiten der Banken einführt. Wehrtechnik müsse als nachhaltig anerkannt werden, um Finanzierungen zu erleichtern. Madsen will das Thema nicht nur bei den Banken im Land ansprechen, sondern auch Gespräche über eine mögliche Einbindung der staatlichen KfW-Bank fortsetzen.

Investitionsstau bei der Bundeswehr auflösen

Der Ukraine-Krieg habe den Blickwinkel der Öffentlichkeit auf die Notwendigkeit einer einsatzfähigen Bundeswehr und auch auf die wehrtechnische Industrie verändert, wie Stenzel dem Minister berichtet. „Insofern können wir erwarten, dass nun auch in Deutschland baldmöglichst die benötigten Investitionen in unsere Streitkräfte getätigt werden.“

Stenzel wies darauf hin, dass noch immer keine konkreten Aufträge aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen in Wedel eingegangen seien – auch wenn es Anfragen von vielen Systemhäusern gebe. „Mit den Mitteln aus dem Sondervermögen können nur die Ausrüstungslücken geschlossen und altes Gerät ersetzt werden. Es ist völlig klar, dass man den Verteidigungshaushalt um 20 bis 30 Milliarden pro Jahr aufstocken muss.“ Nur so könnten die inflationsbedingt ansteigenden Kosten der Armee finanziert werden. Im Jahr 2022 konnte VINCORION in Wedel 79 neue Mitarbeiter einstellen und werde dies auch in diesem Jahr fortsetzen. Ebenso baue man am Standort im bayerischen Altenstadt den Personalbestand aus. Stenzel: „Fachkräfte für die Industrie zu finden ist aber nicht einfach, in Wedel ebenso wenig wie an unseren anderen Standorten.“

Spitzentechnologie, die in Wedel gefertigt wird

Stefan Stenzel betont, dass die mittelständischen Unternehmen auch für die technologische Entwicklung in Schleswig-Holstein eine Rolle leisteten. An Madsen, der auch Minister für Technologie ist, gewandt, sagte er: „Wir entwickeln und fertigen bei Vincorion hybride Systeme für die Energieerzeugung.“ Dazu gehörten Elektronik und Komponenten wie der Anlasser für den Leopard-2-Panzer oder den Motor, der den Turm des Fahrzeuges dreht. Die Waffenstabilisierung sei Spitzentechnologie, die hier in Wedel gefertigt werde. Auch im zivilen Bereich arbeite VINCORION an technologischen Lösungen, wie an einer innovativen elektronischen Rettungswinde, die für den Kunden Airbus Helicopter entwickelt wird und die weltweit höchste Sicherheitsstandards erfüllt.

Nicht nur gesamtgesellschaftlich, auch im militärischen Bereich spiele der Klimawandel eine wachsende Rolle, erläuterte der Geschäftsführer von VINCORION dem Minister bei seinem Besuch. „Wir arbeiten daran, die Produktion in unserem Unternehmen, die Unternehmensführung und auch unsere Produkte selbst nachhaltiger und CO₂-sparsamer zu machen“, sagte Stefan Stenzel. Das Thema „Green Defense“ werde zunehmend wichtiger: „Wir stehen als Unternehmen voll hinter dem Ziel, den CO₂-Ausstoß von Armeen wie der Bundeswehr zu senken.“

 

Rechts: Dieter Holst und Stefan Stenzel, Geschäftsführer von VINCORION, begrüßen Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen in Wedel. 

Links und Mitte: Stefan Stenzel im Gespräch mit Claus Ruhe Madsen in der Produktion in Wedel. 

Fotos: VINCORION

 

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Über VINCORION

VINCORION ist ein Technologieunternehmen mit Fokus auf innovativen Energiesystemen in sicherheitskritischen Anwendungsbereichen, darunter Generatoren, elektrische Motoren und Antriebe, Aggregate, Leistungselektronik und hybride Energiesysteme. Als Partner der Industrien Luftfahrt, Sicherheit und Verteidigung sowie Bahn entwickelt und fertigt VINCORION aus einem intensiven Dialog heraus maßgeschneiderte Lösungen für die spezifischen Anforderungen seiner Kunden. Ein leistungsfähiger Kundendienst bietet Betreuung und Service für die Nutzung eigener und dritter Produkte während des gesamten Produktlebenszyklus. Mit rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Standorten in Deutschland und den USA erwirtschaftete VINCORION 2021 rund 145 Mio. Euro Umsatz.

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„Wir erleben eine Zeitenwende. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor“, stellte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung am 27. Februar 2022 fest. Doch was ist seitdem passiert? Welche Bedeutung hatte der politische Kurswechsel für die Verteidigungsindustrie? Und was muss noch getan werden? Dr. Stefan Stenzel, Geschäftsführer von VINCORION, zieht im Interview Bilanz.

 

Zeitenwende – Status quo

 

Zeitenwende – und nun?

 

 

 

Im Engineer-to-Engineer-Dialog entstehen die Mechatronik Lösungen der Zukunft – vorangetrieben vom Innovationsmanagement im Unternehmen. Das gilt auch für die Digitalisierung im Bereich Maintenance, Repair und Overhaul. Der deutsche Ingenieurs-Perfektionismus steht da aber ab und an im Weg. Wir haben mit Dr. Stefan Stenzel zu Innovationstreibern in der Zuliefererbranche gesprochen.

Hinweis: Dieses Interview wurde im Originaltext im DUB UNTERNEHMER-Magazin am 27. April 2021 veröffentlicht.

Militär, zivile Luftfahrt, Bahnmarkt: Als Mechatronikhersteller ist VINCORION in sehr klassischen Industrien unterwegs – welchen Stellenwert haben Innovationen in Ihrem Haus?

Stefan Stenzel: Wir sind zwar Teil des Jenoptik-Konzerns, führen mit der eigenständigen Marke VINCORION aber weitestgehend ein Eigenleben als Anbieter mechatronischer Lösungen. In unseren Branchen gelten extrem lange Produktlebenszyklen. Das heißt für uns ein ständiger Spagat zwischen 30 Jahren Wartung und Obsoleszenz in der Vergangenheit und 30 Jahren vorausschauenden Lösungen in der Zukunft. Das ist eine Herausforderung, die ich immer als sehr reizvoll empfunden habe.

Woher nehmen Sie die Impulse für den vorausdenkenden Part Ihres Geschäfts?

Stefan Stenzel: Der wesentliche Innovationstreiber ist für uns der Dialog mit den Kunden. Wir stellen keine Produkte von der Stange her, sondern entwickeln maßgeschneiderte Lösungen für sehr konkrete Probleme. Der Engineer-to-Engineer-Dialog, den wir dazu mit unseren Kunden pflegen, ist der Kern unserer Arbeit. Unser Vorteil ist, dass wir den Ingenieurs-Triathlon beherrschen: Wir sind Experten, wenn es darum geht, Elektronik, Mechanik und Werkstoffe zusammenzubringen. Auf diese Weise entstehen Produkte, die es so vorher noch nicht gegeben hat – und damit auch unsere Alleinstellung ausmachen. Das ist dann zwar nicht das neue iPhone, bringt dem Kunden aber einen echten Mehrwert. Innovation muss ja nicht immer zwingend „fancy“ sein.

Der Innovationsdrang kommt also eher von außen ins Unternehmen…

Stefan Stenzel: Natürlich nicht ausschließlich. Wir haben auch einen institutionalisierten Innovationsprozess, der neue Ideen fördert und vorantreibt. Das ist sehr wichtig, auch für unsere Unternehmenskultur. Und es hat schon zu sehr erfolgreichen Produktinnovationen geführt. Aber wir müssen
die Vermarktbarkeit im Blick behalten – da gibt es auch spannende Ideen, die wir nicht weiterverfolgen können. Auch das ist eine wichtige unternehmerische Entscheidung.

Die deutsche Industrie steht für ingenieursgetriebenes Denken und Verbesserung der Dinge bis ins letzte Detail. Verbaut die Kleinteiligkeit den Weg zu großen Disruptionen?

Stefan Stenzel: Die Einteilung in „disruptiv“ und „nicht disruptiv“ halte ich nicht für hilfreich – das weiß man ja eh immer erst hinterher. Für mich gelten vielmehr die Kategorien „erfüllt die Kundenbedürfnisse“ und „erfüllt nicht die Kundenbedürfnisse“. Und das gilt im globalen Wettbewerb. Ich denke vor allem deshalb, dass wir hin und wieder von den letzten 20 Prozent des deutschen Optimierungswillens abrücken müssen. Es gibt auch Lösungen, die nicht bis ins letzte Detail perfekt sind – aber eben auch nur die Hälfte kosten. Wir in Deutschland müssen dem Kunden zuhören können, ihn fragen, was er will und nicht nur versuchen, unsere eigenen Ideale durchzusetzen.

Was bedeutet für Sie im Unternehmen digitalen Transformation?

Stefan Stenzel: Die Digitalisierung hat aus meiner Sicht im industriellen Kontext zwei Dimensionen: Die Produkt-Digitalisierung und die Prozess-Digitalisierung. Dabei geht es zum Beispiel um die Vernetzung von Maschinen in der Automotive-Sparte, die von uns selbst entwickelt werden. Es geht für uns im Jenoptik Konzern aber auch um den Erfahrungsaustausch, die Verbreitung von „Lessons Learned“. Wenn festgestellt wird, dass etwas in einer Sparte gut geklappt hat, wird natürlich geprüft, ob das übertragbar ist auf eine andere.

David Maupilé

Stichwort Industrie 4.0 und Internet of Things – wie läuft die Zusammenarbeit mit Ihren Kunden auf der Datenebene?

Stefan Stenzel: Offen gestanden ist das in vielen Bereichen noch sehr eingeschränkt der Fall. Unser Ziel ist aber ganz klar mehr Vernetzung. Große Potenziale sehen wir im Bereich der Predictive Maintenance. Wenn vorgesehen ist, dass unsere Produkte 30 Jahre halten, dann gibt es eben Punkte, an denen so ein Produkt gewartet werden muss.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Stellen Sie sich eine elektrische Rettungswinde vor, die an einem Hubschrauber der Bergrettung befestigt ist. Darin steckt eine Menge Elektronik, aber auch eine Menge Mechanik mit einem langen Seil dran. Hier gibt es natürlich turnusmäßige Wartungszyklen. Und diese Wartungen sind extrem teuer. Stellen Sie sich nun vor, Sie haben einen Rettungshubschrauber in München. Und die Vorrichtung funktioniert plötzlich nicht mehr. Dann muss sie erst abmontiert und zu uns geschickt werden. Und solange kann der Hubschrauber keine Rettungsaktionen mehr durchführen. Das darf so selten wie möglich geschehen und dieser Zeitraum kann minimiert werden – durch Predictive Maintenance.

Wie sieht das im Detail aus?

Während eine Rettungswinde vor zehn Jahren noch so intelligent wie ein Gartenschlauch auf dem Wickler war, ist sie heute ein hoch kompliziertes Produkt mit einer ganzen Menge Software und Sensorik. Die misst nicht nur die Nutzung oder den Abrieb der Bremsen, sondern im Prinzip alle Aggregatzustände wie die Feuchte, den Wind, die Sonne und eben auch die Erwärmung-Zustände. Ein Algorithmus verbindet die Messwerte dann miteinander. Das Ergebnis ist der Vorschlag eines für den Kunden optimalen Wartungszeitpunkts. Überhaupt macht das Thema Software einen immer größeren Anteil unserer Produkte aus – sodass beispielsweise die Winden in einem speziellen Einsatzfeld die optimale Leistung abrufen können. Das ist eine unserer Stärken. Und deshalb sind auch rund 50 Prozent unserer Ingenieure bereits im Bereich der Elektronik und Software unterwegs.

Zwischen Altenstadt und Brunnthal entsteht derzeit das portable Energiemanagement System der Zukunft. Das Herz des modular aufgebauten Systems bildet eine Brennstoffzelle. Für VINCORION Insights haben wir den Projektteams in der Entwicklung über die Schulter geschaut.

Sowohl im zivilen Katastrophenfall als auch im militärischen Einsatz kommt es auf jede Sekunde an: Binnen kürzester Zeit müssen Infrastrukturen in nahezu jedem Gelände auf- und wieder abgebaut, aber natürlich auch betrieben werden können. Das Herzstück einer jeden Infrastruktur – ob Zeltlager oder Feldlager – ist eine zuverlässige Energieversorgung. Und diese sollte nicht nur sofort einsatzbereit sein und hohe Leistungsbereiche abdecken. Sie sollte vor allem auch fernab des konventionellen Stromnetzes funktionieren und kurzfristig an einen anderen Standort verlagert werden können. An der Lösung für ein derartiges Energiemanagement System für Verteidigungs-, Rettungs- und Katastrophenschutzkräfte arbeiten gleich zwei Technologie-Experten aus Deutschland.

Know-how zukunftsweisend bündeln

Die SFC Energy AG und VINCORION kombinieren eine nachhaltige und hocheffiziente Stromversorgung über Brennstoffzellentechnologie mit dem modularen Energiesystem P2M2. „Dazu erweitern wir unseren Prototypen mit Eingangs-, Ausgangs-, und Speichermodul um ein Brennstoffzellenmodul“, erklärt VINCORION-Projektleiter Fidelius Zürnbauer. Das bestehende Gehäuse des Mechatronik-Spezialisten auf die EFOY Pro 12000 Duo Brennstoffzelle von SFC Energy anzupassen, ist dank genormter 19-Zoll-Rack-Bauweise problemlos möglich. So bleibt das gesamte Energiemanagement System kompakt, platzsparend im Aufbau und einfach zu warten. „Am Ende soll die Lösung mit ihrem geringen Gewicht, ihrer hohen Leistungsdichte bis zu 500 Watt, ihrem geringen Verbrauch und ihrer sofortigen Einsatzbereitschaft beispielweise das Technische Hilfswerk oder die Polizei überzeugen“, fasst Fidelius Zürnbauer zusammen.

Nachhaltig und hocheffizient

Somit stellen die beiden Partner den unterschiedlichsten Anwendern eine kraftvolle dabei aber leicht zu transportierende Lösung zur Verfügung. Im P2M2-Modul sorgt die Brennstoffzellen-Technologie für eine dauerhafte und zugleich umweltfreundliche Energieversorgung. Sie emittiert keine schädlichen Abgase wie Stickoxide (NOx), Kohlenmonoxid und keinen Feinstaub. Im Gegensatz zu konventionellen Generatoren arbeitet sie weitaus leiser und aufgrund der geringen Anzahl beweglicher Teile extrem verschleißarm. Dies sorgt zugleich für einen längeren Lebenszyklus. Muss die SFC-Brennstoffzelle am Ende ersetzt werden, ist sie zu 95 % recyclebar. „Brennstoffzellen sind für die autarke Energieversorgung fernab des konventionellen Stromnetzes die perfekte Lösung. Einsatzkräften steht ortsunabhängig dauerhafter, umweltfreundlicher Strom für ihre Anwendungen zur Verfügung. Gleichzeitig sorgt die signifikante Gewichtsreduzierung und der geringe Verbrauch für entscheidende Kosten- und Logistikeinsparungen“, sagt René Hofmann, Projektleiter bei SFC Energy.

Hochmotiviert arbeiten beide Teams daran, den hohen Anforderungen der Anwender gerecht zu werden. Schaltpläne, 3D-Modellierung und der gesamte mechatronische Plan sollen noch im Frühling fertiggestellt sein. Anwender haben dann bereits im Jahresverlauf 2021 die Möglichkeit, das P2M2-Modul einzusetzen. Dass sich die Zusammenarbeit durch Corona anders gestaltet, als zunächst gedacht, ist für die Projektteams dabei kein Hindernis. „Das P2M2-Modul ist das Ergebnis der hohen Innovationskraft zweier starker Partner. Konsequent haben wir das Energiemanagement-System an den Anforderungen der Einsatzkräfte ausgerichtet. Wir freuen uns, dieses wichtige Projekt gemeinsam mit VINCORION zum Erfolg zu führen und unsere jeweiligen Kompetenzen bündeln zu können“, sagt René Hofmann.

P2M2-Modul

P2M2-Modul

Was braucht es, damit aus Vision Wirklichkeit wird? Technisches Know-how, jede Menge Engagement und ein klares politisches Bekenntnis.

Flexibler, leistungsfähiger, vernetzter: Die Ansprüche an die Verteidigungssysteme in den kommenden Jahrzehnten werden immer höher. Das liegt vor allem an den veränderten, globalen und unvorhersehbaren Einsatzszenarien, an Hochtechnologie wie etwa Hyperschallwaffen und 360-Grad-Raketentechnologie. Mit dem Taktischen Luftverteidigungssystem TLVS haben Regierung und Unternehmen in Deutschland eine Zukunftsvision gezeichnet, die schon bald Realität werden könnte. Und diese Vision haben deutsche Unternehmen auch bereits teilweise entwickelt: Missionsspezifische Abwehrraketen, erweitere Sensorfähigkeiten, hochentwickelte Software-Algorithmen und höhere Cyber-Sicherheit. So wird das System das erste integrierte Luftverteidigungssystem sein, das mehrere Bedrohungen – auf kurze und mittlere Distanz – simultan verfolgen und abfangen kann und somit einen umfassenden 360-Grad-Schutz ermöglicht.

Autonome und unterbrechungsfreie Energieversorgung

Dazu braucht es Stromversorgungssysteme, die den enormen Leistungsbedarf effizient und flexibel abdecken. Nur so kann garantiert werden, dass das TLVS in allen zukünftigen Einsatzszenarien zuverlässig mit Energie versorgt wird, aber eben auch mit minimalen Kraftstoffverbrauch und Nachschublogistik. Ein wesentlicher taktischer und ökonomischer Vorteil in der Jahrzehnte langen Nutzung. So sind neben besonders effizienten Dieselaggregaten die Commercial Power Interfaces, die einen parallelen Betrieb an vorhandenen Stromnetzen ermöglichen, ein Steckenpferd unserer VINCORION-Energiesysteme. Robust, erprobt, langlebig und zuverlässig können so alle Energiesysteme für TLVS betrieben werden – sowohl autonom über ein Grundaggregat als auch unterbrechungsfrei über das öffentliche Netz.
Als Herzstück des TLVS gilt dabei der neue Gefechtsstand MC4IS. Hier muss in jeder Situation zuverlässig und ausreichend Energie zur Verfügung stehen. Dafür werden alle verfügbaren Energiequellen über ein Aggregat in die passende Form umgewandelt und nutzbar gemacht. Entscheidend dabei ist, dass alle Komponenten dafür so platz- und gewichtssparend angelegt werden, dass sich das Energiesystem den knappen Einbauraum mit weiteren technischen Systemen des 20-Fuß-ISO-Steuerungs-Containers teilen kann.

Forderung an die Politik: Technologiestandort Deutschland stärken

Das Know-how und die Komponenten dahinter kommen unter anderem aus dem Hause VINCORION. Besonders der Unternehmensstandort im bayerischen Altenstadt mit seiner Expertise in Sachen Energie Management sicherheitskritischer Systeme und Plattformen kann hier ein zuverlässiger Partner sein.
„Deutsche und europäische Großprojekte wie das TLVS sind Innovationstreiber für die gesamte wehrtechnische Industrie in Deutschland und ein bedeutender Beitrag zur NATO“, betont Managing Director Dr. Stefan Stenzel. Auch deshalb hat sich die Bundesregierung im Haushaltsentwurf 2021 zum Projekt bekannt. „Was fehlt, ist die finanzielle Untermauerung dieses Bekenntnisses – ein klares Signal in Richtung der Unternehmen und insbesondere auch der Zulieferindustrie, um die Wettbewerbsfähigkeit des Technologiestandorts Deutschland zu festigen.“ Die Botschaft aus Altenstadt, Wedel und Essen, den deutschen VINCORION-Standorten, ist klar: Als zuverlässiger Partner sicherheitskritischer Infrastrukturen und Systeme der Bundeswehr, als innovativer Mechatronik-Spezialist und als wichtiger Wirtschaftsfaktor an den Standorten in drei Bundesländern ist man bereit für Next-Level-Verteidigungssysteme.

Next-Level-VerteidigungssystemeMDBA

Passgenaue Komponenten für Flugzeuge, Helikopter, Land- und Luftabwehrsysteme oder die Bahn herzustellen, ist das Eine. Technologische Lösungen, die den Kunden in den Mittelpunkt stellen, gehen jedoch deutlich über Entwicklung und Produktion hinaus. Ein zuverlässiger und uneingeschränkter Support auch Jahre nach dem ursprünglichen Projektabschluss ist ein fester Bestandteil des Leistungsspektrums. Dabei gilt: Digitalisierung, Globalisierung und neue Einsatzszenarien erfordern auch im Kundendienst ein Umdenken. VINCORION Insights hat mit Managing Director Dr. Stefan Stenzel über den Kundendienst der Zukunft gesprochen.

Woran denken Sie beim Wort Kundendienst?

Ich denke an Zuverlässigkeit. Im Idealfall nehmen unsere Kunden den Support so wenig wie möglich in Anspruch – ganz einfach, weil unsere Produkte einwandfrei funktionieren. Dafür kommt es auf wartungsarme, passgenaue Lösungen an. Es ist aber auch klar: Gerade bei Produkten mit extrem langen Lebenszyklen kommt man mit diesem Wunschgedanken schnell an seine Grenzen. Für uns ist es deshalb unerlässlich, einen ganzheitlichen MRO-Ansatz zu verfolgen und alle Aspekte des Lifecycle-Managements schon von Beginn einer Entwicklung an mitzudenken. Das umfasst, dass Ersatzkomponenten und Servicetechniker rund um die Uhr global verfügbar sind. Schon bei der Entwicklung muss klar sein, wie Instandhaltung und Wartung am Ende aussehen können und umgesetzt werden. Wichtig dafür ist es auch, alle Ersatzteile und das Know-how für die Instandhaltung und Obsoleszenzbeseitigung bereitzuhalten. Diesen Prozess optimal vorzubereiten ist ebenfalls ein Teil von professionellem Kundendienst.
Klar ist aber auch, dass wir bei einer Werkstatt oder einem Logistik-System mit Kundendienstmitarbeitern und Ersatzteilen noch längst nicht am Ende des Prozesses sind.

Die Kundendienstabteilung der Zukunft ist ein integrierter Logistik Hub, in dem alle Daten und Erfahrungen der Vergangenheit zusammenfließen.

Dr. Stefan Stenzel

Wohin entwickelt sich der Kundendienst?

Die Baugruppe wurde gemeinsam entwickelt, und passt optimal in die Kundenplattform, Kunde und Auftragnehmer sind zufrieden, die Zahnräder greifen ineinander. Natürlich sind unsere Komponenten und Lösungen langlebig und arbeiten zuverlässig. Aber Technik entwickelt sich rasant weiter. Energy Management Systeme müssen noch leistungsstärker, robuster, leichter und modularer werden. Daran arbeiten wir weiter, während die Lösung beim Kunden im Einsatz ist. Oder der andere Fall: In der Praxis zeigen sich Herausforderungen, die nicht planbar waren. Auch dann gilt es, die Komponenten an die Bedingungen anzupassen und nicht andersherum. Mit möglichst geringer Reaktionszeit. Oder direkt vom Kunden selbst ausgeführt und über uns angeleitet. Data Analytics, Sensorik, intelligent vernetzte Komponenten, Bevorratung – all das spielt also schon in der ersten Projektplanung eine entscheidende Rolle.

KrulUA / iStock

Wie kann so ein Lifecycle-Management in der Praxis aussehen?

Wir sammeln über unseren Onsite- und Obsoleszenz-Service, über Remote-Abruf, aber natürlich auch in der Entwicklung und Fertigung genau die Daten, die es für ein zuverlässiges Lifecycle-Management braucht. Bei Power Electronics heißt das zum Beispiel, dass wir nicht nur Daten und Ereignisse aus Produktprüftests und Prototypenkonstruktion sammeln und nutzen, sondern auch direkt aus dem Feld. Die Automobilindustrie ist hier Vorreiter. Aber auch unsere Technologien erlauben Fernwartung und Predictive Maintenance. Nehmen wir das Beispiel unserer neuen elektronischen Rettungswinde: Der modulare Aufbau und BITE-Testing ermöglichen es, dass das System dem Nutzer nicht nur sagt, dass ein Funktionsmodul ausgetauscht werden muss, sondern auch wie. Der nächste Schritt ist dann die Fernwartung und Warnung lange vor dem Ende des Lebenszyklus sowie der Zugriff für die Wartung via Augmented Reality.

Das klingt nach einer Menge Daten. Wie kann man sicher sein, dass diese ordnungsgemäß und sicher gelagert sind?

Das ist der enorme Vorteil, wenn alles in einem Service Hub zusammenfließt – von der Entwicklung, über die Fertigung, den Betrieb, die Analyse bis hin zur Weiterentwicklung. Höchste Standards legen wir nicht nur an unsere Produkte, sondern auch an die Daten dahinter. Für uns ist es deshalb selbstverständlich, internationale Normen und branchenspezifische Anforderungen einzuhalten und dies auch per Zertifikat nachzuweisen. Darüber hinaus können wir auf jahrzehntelange Erfahrung mit sicherheitskritischen Infrastrukturen und in der Verarbeitung und Speicherung von Daten der Bundeswehr verweisen. Und wir haben die Expertise und den Willen, die es braucht, um so innovative Ansätze und zukunftsgewandte Systeme auch in langlebige Plattformen zu integrieren.

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